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Inspiriert von der Aufbruchstimmung des Arabischen Frühlings erzählt die angenehm leichte Komödie von einer selbstbewussten jungen Frau, die nach dem Studium der Psychologie in Frankreich in ihre tunesische Heimat zurückkehrt.

Auf der Couch in Tunis

Frankreich 2019
Regie: Manele Labidi

Frei ab 6 Jahren,
89 Minuten


Das Seniorenkino am Dienstag, 3. November mit dem Film "Auf der Couch in Tunis" entfällt wegen der Corona-bedingten bundesweiten Schließung der Kinos ab Montag, 2. November.


Im Alter von zehn Jahren ist Selma mit ihren Eltern von Tunis nach Frankreich ausgewandert, ist dort zur Schule gegangen und hat studiert. Von einem Autoverkäufer wird sie nun bei ihrer Rückkehr als Immigrantin beschimpft, ihr Onkel ist nicht der einzige, der sich darüber wundert, als sie kundtut, eine Praxis als Psychoanalytikerin eröffnen zu wollen. „Wir haben Gott, wir brauchen diesen Quatsch nicht“, sagt er. Doch siehe da: der eine oder die andere hat doch allerlei auf dem Herzen, was bei aller für dieses Volk so typischen Plapperfreudigkeit jedoch besser nicht öffentlich angesprochen wird, sondern vielleicht eben doch nur hinter verschlossenen Türen bei einer neutralen Person des Vertrauens. Wobei es auch Klienten gibt, die bei den Stichworten „Dame aus Frankreich“ und „Couch“ an ein erotisches Angebot denken, oder prüfen, ob nicht irgendwo Abhörtechnik versteckt ist. Nun ja, ans Leben in ihrer Ursprungskultur muss sich die selbstbewusste Selma nach und nach erst gewöhnen. Eine wie sie, die sich in Latzhosen kleidet, tätowiert ist, nichts von einem Kopftuch hält, nahezu den ganzen Film hindurch raucht und nicht den leisesten Gedanken an Kinder, geschweige denn eine Familiengründung verschwendet, fällt bei aller angesagten Veränderungseuphorie im Nachgang des Arabischen Frühlings auch in einem Wespennest wie Tunis auf.

Von Beginn an macht Spielfilmdebütantin Manele Labidi deutlich, die Geschichte vom Aufbruch eines lange Jahre von Stillstand geprägten Landes mit Humor erzählen zu wollen. Selmas Klienten ebenso wie ihre aus einem alkoholtrinkenden Onkel, einer unzufriedenen Tante und einer rebellischen, die junge tunesische Generation repräsentierende Cousine bestehende Verwandtschaft stehen dabei für die unterschiedlichen Stimmen und Haltungen in dieser post-arabischen Welt. Ihr kranker, mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand bewusst isoliert gehaltener und nichts von der Aufbruchstimmung im Land ahnender Großvater hingegen steht – „Goodbye, Lenin“ lässt grüßen – für die alten Zeiten.
Die in Teheran geborene und aufgewachsene und seit 2009 in Frankreich lebende Golshifteh Farahani (u.a. „Paterson“ von Jim Jarmusch) ist inmitten dieses farbenfrohen Settings insofern eine ideale Besetzung, als sie selbst ja aus einem ähnlichen Kulturkreis stammt. Als Selma steht sie in ihrer selbstbewussten, einem freiheitlich-westlichen Lebensstil zugewandten Art und vor allem dem offenen Ohr für die (im Sinne der Komödie bewusst überzeichneten) Alltagssorgen ihrer Klienten als Hoffnungsträgerin für bessere Zeiten. Manele Labidi ist ein humorvolles und unterhaltsames Porträt der aktuellen Stimmung in Tunesien gelungen.


Autor: Thomas Volkmann
Mit freundlicher Genehmigung von
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